Der impressionistische Maler Ferdinand Brütt

Einen deutschen Meister der Vergessenheit entrissen...

„Einen Meister, dessen Bedeutung zu gleichen Teilen in seiner malerischen Qualität wie auch in der Lebendigkeit liegt. Einen Meister, der so etwas wie die Qualität eines deutschen Renoir erreicht…“

Mit diesen überschwänglichen Worten wurde der 22 Jahre lang in Kronberg lebende Maler Ferdinand Brütt von einem zeitgenössischen Kunstkritiker gewürdigt. Sein Name kann in einem Atemzug mit den deutschen Impressionisten Max Liebermann, Lovis Corinth, Max Slevogt, Wilhelm Trübner oder Fritz von Uhde genannt werden.

Aus gesundheitlichen Gründen zog Ferdinand Brütt 1898 mit 49 Jahren von Düsseldorf nach Kronberg. Dort kaufte er sich für 45 000 Mark eine Villa mit Garten in der Frankfurter Straße 23. Der sonnige Südhang des Taunus wirkte sich nicht nur positiv auf seine Gesundheit aus, hier fand er auch neue künstlerische Inspirationen. Seine eher brauntonige, aus Düsseldorf mitgebrachte, Farbpalette hellte sich im besonderen Licht des Taunus merklich auf. Ein neuer Malstil mit freiem, schwungvollem Pinselstrich, der das Atmosphärische in impressionistischer Manier einfing, kennzeichnen die Bilder dieser Jahre.

Ferdinand Brütt wurde 1849 in Hamburg geboren, dort absolvierte er eine Lithographenlehre und besuchte die Kunstgewerbeschule. 1870 wechselte er an die Weimarer Kunstakademie. Sechs Jahre später folgte er seinem Lehrer Albert Baur nach Düsseldorf, das im 19. Jahrhundert den Ruf einer bedeutenden Kunstmetropole genoss. Nach Beendigung seiner Studien, erhielt der talentierte Brütt einen Lehrauftrag an der Kunstakademie. Wie seine Künstlerkollege verkehrte er im Düsseldorfer Künstlerverein Malerkasten, dessen „Lesesaal“ er in einem großformatigen Gemälde festhielt. Mit zahlreichen Medaillen wurde er auf deutschlandweiten Kunstausstellungen geehrt und 1893 zum königlichen Professor ernannt. Seine humorvollen Charakterstudien, Gerichtsbilder, Porträts und Landschaften waren sehr beliebt. So ist es verständlich, dass man den „charaktervollsten Künstlers auf dem Gebiet des modernen Genres“ ungern ziehen lassen wollte.

Als Ferdinand Brütt 1898 in den Taunus zog, hatte Kronberg seinen dörflichen Charakter bereits verloren. Seit dem Bau der Eisenbahnlinie Frankfurt-Kronberg im Jahr 1874 Jahren errichteten sich mehr und mehr wohlhabende Frankfurter Bürger Sommervillen, die einen Ring um die Altstadt bildeten. Zur kleinen Residenzstadt wurde Kronberg durch Kaiserin Friedrich, der Mutter von Kaiser Wilhelm II., die 1894 ihren Witwensitz ‚Schloss Friedrichshof’ bezog. In Kronberg fand Ferdinand Brütt schnell Anschluss zu den dort lebenden Künstlern der seit Mitte des 19. Jahrhunderts bestehenden Malerkolonie. Mit dem benachbarten Anton Burger, dem Mitbegründer und Kopf des ‚Malernests’, freundete er sich schnell an. In dem bedeutenden Porträtisten Norbert Schrödl, der Freund und Lehrer der malenden Kaiserin Friedrich war, fand er einen angesehenen Künstlerkollegen. Darüber hinaus lernte er den zwischen Paris und Kronberg pendelnden Pferdemaler Adolf Schreyer kennen, der, ebenso wie Norbert Schrödl in der Hainstraße eine ansehnliche Villa bewohnte.

Die schöne Taunuslandschaft inspirierte Ferdinand Brütt ebenso wie seine Künstlerkollegen. Bei den zahlreichen Landschaftsmotive, die er in Kronberg und Umgebung malte, war ihm ein detailgetreuer Realismus nicht wichtig. In seinen Bildern wollte er den augenblicklichen Eindruck einfangen. Das Spiel mit Licht und Schatten kommt in dem Gemälde „Tennisturnier in Bad Homburg“ (1917) sehr malerisch zum Ausdruck. Der lockere Pinselstrich unterstreicht die sportliche Begegnung unter freiem Himmel. Die mondäne Kurstadt hatte seit 1876 – als erste deutsche Stadt – einen Tennisclub.

Große Anerkennung erlangte Ferdinand Brütt durch seine großformatigen und figurenreichen Historienbilder, beeinflusst durch seinen Weimarer Lehrer, den Historienmaler Ferdinand Pauwels. Brütt malte bedeutende historische Ereignisse, aber auch Besonderheiten aus der lokalen Geschichte. Sein für Kronberg bedeutendstes Gemälde ist die „Aufbahrung von Kaiserin Friedrich in der Johanneskirche“. Nach langem Leiden verstarb die beliebte Monarchin 1901 in Kronberg. Wie auf dem Gemälde zu sehen ist, haben sich viele bedeutende Persönlichkeiten aus ganz Europa um ihren blumengeschmückten und hellbeschienenen Sarg versammelt. Dieses großformatige Gemälde war lange Zeit im Besitz des Hohenzollernmuseums in Berlin. 2001 zum 100. Todestag der Kaiserin wurde es von der Stadt Kronberg aus Privatbesitz erworben, der Stiftung Kronberger Malerkolonie übergeben und ist im Museum Kronberger Malerkolonie in der Villa Winter zu sehen.

Ferdinand Brütt war ein Maler des Gesellschaftslebens. Seine bürgerliche Genremalerei unterscheidet sich von den eher bäuerlichen Schilderungen eines Anton Burger oder Jakob Fürchtegott Dielmann. Zusammen mit den jüngeren  Malerkollegen Philipp Franck und Fritz Wucherer, gehörte er zu den Künstlern, die sich von der detailgetreuen, anekdotischen Malweise abwandten und mit lockerem, schwungvollen Pinselstrich unbeschwerte Szenen in impressionistischer Manier festhielten.  

Für den Frankfurter Römer hatte Ferdinand Brütt sein bedeutendstes Kunstwerk geschaffen. Von 1906 bis 1913 gestaltete er den großen Bürgersaal, dessen Wände er mit bedeutenden Themen der deutschen Geschichte des 19. Jahrhunderts in ihrer Beziehung zu Frankfurt bemalte. Die acht großen Fresken fielen im 2. Weltkrieg den Bomben zum Opfer. Erhalten sind jedoch noch Wandmalereien in der Wandelhalle des Römers, wo in der Ehrengalerie für verstorbene Oberbürgermeister die Porträts von Daniel Heinrich Mumm von Schwarzenstein und Georg Voigt gemalt von Ferdinand Brütt zu bewundern sind.

Die 22 Kronberger Jahre, waren sehr erfolgreich für den Künstler. Dennoch entschied er sich 1920 zu einem Umzug nach Bergen bei Celle, wo er zusammen mit seiner Ehefrau Ida bei seiner Tochter lebte. 1936 verstarb Ferdinand Brütt im hohen Alter von 87 Jahren.

Leben und Werk des einstmals so bedeutenden Künstlers der Kronberger Malerkolonie wurde im Jahr 2007 erstmals seit seinem Tod im Frankfurter Museum Giersch in einer Retrospektive mit über 100 Arbeiten gewürdigt.

Monika Öchsner