Ferch

Malerkolonie am Schwielowsee

Quelle: Förderverein Havelländische Malerkolonie e.V.

Ende des 19. Jahrhunderts entdeckten Künstler die Region um den Schwielowsee. Sie kamen in erster Linie aus dem nicht weit entfernten Berlin, um weg von der Hektik der wachsenden Großstadt, dort in der freien Natur malen zu können. Die märkische Landschaft ist geprägt von Seen, dem Flusslauf der Havel, mit angrenzenden Wiesen, einer bewaldeten Hügellandschaft und kleinen traditionellen Fischerdörfern. Hier fanden sowohl Landschafts- Tier und Genremaler reichlich Motive.
Karl Hagemeister und seine Freund Carl Schuch waren es, die im Jahr 1878 als erste Künstler an den Schwielowsee kamen und das abgeschiedene Fischerdorf Ferch entdeckten. Sie animierten weitere Künstler und so entwickelte sich allmählich rund um den Schwielowsee die Havelländische Malerkolonie.
Die Nähe zu Berlin und Potsdam veranlasste mehrere Generationen von Malern, Grafikern, Keramikern und Bildhauern dazu, ihre Wohnateliers in die dörfliche Abgeschiedenheit zu verlegen. In der Anfangszeit waren die Grundstücke noch günstig zu erwerben. Ein großer Teil verbrachte nur die Sommermonate in der ländlichen Idylle. Die Maler bildeten keine geschlossene Gruppe, die gleiche stilistische Ziele verfolgten, sondern waren eher Einzelgänger.
Bis 1928 gab es keine befestigte Straße nach Ferch. Doch durch die wachsende Mobilität, was Automobil, Schifffahrt und Ausbau des Bahnnetzes betraf, konnte Berlins weitere Umgebung schneller erreicht und auch Tagesausflüge zur künstlerischen Betätigung in der Natur genutzt werden. Bis heute ist die Region rund um den Schwielowsee mit den Orten Caputh, Ferch und Geltow sowie der Stadt Werder Lebens- und/oder Arbeitsmittelpunkt einer Vielzahl zeitgenössischer Künstler und Künstlerinnen.

Die Künstler am Schwielowsee
Karl Hagemeister war 1848 in der Inselstadt Werder am Schwielowsee geboren. Er war der erste Landschaftsmaler, der sich von 1877 bis 1892 in Ferch niederließ. In den Sommermonaten von 1878, 1880 und 1881 besuchte ihn sein Wiener Malerfreund Carl Schuch dort. Die beiden teilten sich in dieser Zeit die gleiche künstlerische Auffassung, in dem sie die Tonmalerei und realistische Natursicht, im Sinne des Münchener Malers Wilhelm Leibl, teilten. Ab den 1880er Jahren hellte sich Hagemeisters Farbpalette auf und er malte im impressionistischen Stil. Der Mitgründer der Berliner Secession, etablierte zwar keine Malschule in Ferch, unterrichtete aber zeitweise Malschülern und -schülerinnen, die ihm dann an den Schwielowsee folgten.
Eine zweite Generation an Malern, kam mit dem Darmstädter Künstler Eugen Bracht, der die Landschaftsmalerei von 1882 bis 1901 an der Königlichen Akademischen Hochschule für bildende Künste in Berlin lehrte. Der Professor unternahm mit seinen Schülern zahlreiche Ausflüge in die märkische Region, um dort direkt vor der Natur zu malen. Künstler wie z.B. Hans von Stegmann und Stein, Gerhard Gisevius, Carl Kayser-Eichberg, Johannes Hänsch, Hans Licht und Theodor Schinkel kamen vermutlich schon als Studenten mit seiner Landschafterklasse häufig an den Schielowsee.
Theo von Brockhusen hielt sich von 1906 bis 1918 regelmäßig in Baumgartenbrück auf und quartierte sich dort in dem traditionsreichen Wirtshaus der Familie Herrmann ein. Zahlreiche Persönlichkeiten, wie Jakob Grimm, Theodor Fontane und die Havelländischen Maler kehrten dort gerne ein. Brockhusen wurde in Schlesien geboren und lebte in Berlin. Von der Kunstkritik wurde der „märkische Van-Gogh“ kontrovers diskutiert.
Das Grundstück des Malers Hans-Otto Gehrcke lag direkt am Ufer des Schwielowsees. Sein wilder, von Efeu umrankter Garten wurde auch als Zaubergarten bezeichnet. Das als Sommersitz genutzte Haus ließ der Vielgereiste erweitern, um dann ab 1927 beständig in Ferch zu leben.
Auch Künstlerinnen hielten sich gerne in dem Malerdorf auf. Große Anerkennung erlangte Julie Wofthorn, die häufig ihre Cousine Olga Hempel, eine der ersten Ärztinnen in Deutschland, besuchte, die in Ferch ein selbstentworfenes Sommerhaus bewohnte. Die jüdische Künstlerin wurde 1942 von den Nationalsozialisten in Theresienstadt ermordet.
Marg und Oskar Moll hielten sich 1906 und 1907 in den Sommermonaten am Schwielowsee auf. Sie hatten ein kleines Häuschen in Caputh gemietet. Lovis Corinth einer der Lehrer von Marg Moll, kam dorthin, um seine Schülerin zu porträtieren. Bei seinem zweiten Besuch gelang das Bildnis, das sich heute im Hessischen Landesmuseum Darmstadt befindet. Marg Haeffner hatte 1902 bei Hans Völker in Wiesbaden studiert, sowie in Frankfurt am Städelschen Kunstinstitut. 1906 war sie Schülerin von Emil Pottner, der 30 Jahre lang die Sommermonate in seinem Landhaus in Baumgartenbrück verbrachte. Das Ehepaar war mit dem Maler, Grafiker und Keramiker befreundet

Das Museum der Havelländischen Malerkolonie

Im Jahr 2002 wurde der Förderverein Havelländische Malerkolonie gegründet, der im letzten erhaltenen Kosättenhaus in Ferch ein Museum auf zwei Etagen einrichtete, das saniert sechs Jahre später eröffnet werden konnte. Diese, ehemals für die Region typischen, reetgedeckten Fachwerkhäuser, waren ein beliebtes Motiv der Maler. Als Kossäten wurden Dorfbewohner mit Haus- und geringem Landbesitz bezeichnet, die sich, neben kleiner Landwirtschaft, durch handwerkliche und gewerbliche Tätigkeiten ernährten.

Im Laufe der Zeit ist der Bestand an Werken von Künstlern der Havelländischen Malerkolonie durch Ankäufe, Schenkungen und Dauerleihgaben stetig angewachsen, so dass Gemälde, Skulpturen, Grafiken, Fotografien und Dokumente in Kombination mit Ausleihen von Privatleihgebern gezeigt werden können. Durch wechselnde Ausstellungen wird die Erinnerung an die Künstler der Havelländischen Malerkolonie aufrechterhalten.
Auch die gegenüber stehende Fischerkirche, mit dem von der Decke herabschwebenden hölzernen Taufengel, war ein beliebtes Motiv der Künstler.
Auf den Spuren der Maler und Malerinnen, können Sie entlang des Fercher Kunstpfads spazieren und noch mehr über deren Leben und Werk erfahren.
Die Havelländische Malerkolonie ist Mitglied von EuroArt, einer Vereinigung europäischer Künstlerkolonien.

Monika Öchsner
Kunsthistorikerin M.A.